„Ein biologisches Gefahrgut kann als ein biologisches Material definiert werden, das zur Selbstreplikation fähig ist und bei anderen Organismen, insbesondere Menschen, schädliche Wirkungen hervorrufen kann“ (American Industrial Hygiene Association 1986).
Bakterien, Viren, Pilze und Protozoen zählen zu den biologischen Gefahrstoffen, die durch beabsichtigten (Einbringen von technikbedingten biologischen Stoffen) oder unbeabsichtigten (nicht technikbedingte Kontamination von Arbeitsmaterialien) Kontakt das Herz-Kreislauf-System schädigen können. Neben dem infektiösen Potential des Mikroorganismus können Endotoxine und Mykotoxine eine Rolle spielen. Sie können selbst eine Ursache oder ein beitragender Faktor bei einer sich entwickelnden Krankheit sein.
Das Herz-Kreislauf-System kann entweder als Komplikation einer Infektion mit lokaler Organbeteiligung reagieren – Vaskulitis (Entzündung der Blutgefäße), Endokarditis (Entzündung des Endokards, vor allem durch Bakterien, aber auch durch Pilze und Protozoen; akute Form kann septisch folgen Auftreten; subakute Form mit Generalisierung einer Infektion), Myokarditis (Herzmuskelentzündung, verursacht durch Bakterien, Viren und Protozoen), Perikarditis (Entzündung des Herzbeutels, meist begleitet von Myokarditis) oder Pankarditis (gleichzeitiges Auftreten von Endokarditis, Myokarditis und Perikarditis) – oder als Ganzes in eine systemische Allgemeinerkrankung (Sepsis, septischer oder toxischer Schock) hineingezogen werden.
Die Beteiligung des Herzens kann entweder während oder nach der eigentlichen Infektion auftreten. Als Pathomechanismen kommen die direkte Keimbesiedelung oder toxische oder allergische Prozesse in Betracht. Neben Art und Virulenz des Erregers spielt die Leistungsfähigkeit des Immunsystems eine Rolle, wie das Herz auf eine Infektion reagiert. Keiminfizierte Wunden können beispielsweise mit Streptokokken und Staphylokokken eine Myo- oder Endokarditis induzieren. Dies kann nach einem Arbeitsunfall nahezu alle Berufsgruppen betreffen.
XNUMX Prozent aller nachgewiesenen Endokarditisfälle sind auf Strepto- oder Staphylokokken zurückzuführen, aber nur ein kleiner Teil davon auf unfallbedingte Infektionen.
Tabelle 1 gibt einen Überblick über mögliche berufsbedingte Infektionskrankheiten, die das Herz-Kreislauf-System betreffen.
Tabelle 1. Übersicht möglicher berufsbedingter Infektionskrankheiten, die das Herz-Kreislauf-System betreffen
Krankheit |
Wirkung auf das Herz |
Auftreten/Häufigkeit von Wirkungen auf das Herz im Krankheitsfall |
Berufliche Risikogruppen |
AIDS / HIV |
Myokarditis, Endokarditis, Perikarditis |
42 % (Blanc et al. 1990); opportunistische Infektionen, aber auch durch das HI-Virus selbst als lymphozytäre Myokarditis (Beschorner et al. 1990) |
Personal im Gesundheits- und Sozialwesen |
Aspergillose |
Endokarditis |
Selten; unter denen mit unterdrücktem Immunsystem |
Bauern |
Brucellose |
Endokarditis, Myokarditis |
Selten (Groß, Jahn und Schölmerich 1970; Schulz und Stobbe 1981) |
Arbeiter in der Fleischverpackung und Tierhaltung, Landwirte, Tierärzte |
Chagas-Krankheit |
Myokarditis |
Unterschiedliche Angaben: 20 % in Argentinien (Acha und Szyfres 1980); 69 % in Chile (Arribada et al. 1990); 67 % (Higuchi et al. 1990); chronische Chagas-Krankheit immer mit Myokarditis (Gross, Jahn und Schölmerich 1970) |
Geschäftsreisende nach Mittel- und Südamerika |
Coxsackies-Virus |
Myokarditis, Perikarditis |
5 % bis 15 % mit Coxsackie-B-Virus (Reindell und Roskamm 1977) |
Personal im Gesundheits- und Sozialwesen, Kanalarbeiter |
Zytomegalie |
Myokarditis, Perikarditis |
Extrem selten, besonders bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem |
Personal, das mit Kindern (insbesondere Kleinkindern) in Dialyse- und Transplantationsabteilungen arbeitet |
Diphtherie |
Myokarditis, Endokarditis |
Bei lokalisierter Diphtherie 10 bis 20 %, häufiger bei progredienter D. (Gross, Jahn und Schölmerich 1970), besonders bei toxischer Entwicklung |
Personal, das mit Kindern und im Gesundheitswesen arbeitet |
Echinokokkose |
Myokarditis |
Selten (Riecker 1988) |
Forstarbeiter |
Epstein-Barr-Virus-Infektionen |
Myokarditis, Perikarditis |
Selten; besonders bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem |
Gesundheits- und Sozialpersonal |
Erysipeloid |
Endokarditis |
Unterschiedliche Angaben von selten (Gross, Jahn und Schölmerich 1970; Riecker 1988) bis 30 % (Azofra et al. 1991) |
Arbeiter in der Fleischverpackung, Fischverarbeitung, Fischer, Tierärzte |
Filariasie |
Myokarditis |
Selten (Riecker 1988) |
Geschäftsreisende in Endemiegebieten |
Typhus u. a. Rickettsiose (außer Q-Fieber) |
Myokarditis, Vaskulitis der kleinen Gefäße |
Die Daten variieren, durch direkten Erreger, toxische oder Resistenzreduktion während des Fieberrückgangs |
Geschäftsreisende in Endemiegebieten |
Frühsommer-Meningoenzephalitis |
Myokarditis |
Selten (Sundermann 1987) |
Forstarbeiter, Gärtner |
Gelbfieber |
Toxische Gefäßschädigung (Gross, Jahn und Schölmerich 1970), Myokarditis |
Selten; mit schweren Fällen |
Geschäftsreisende in Endemiegebieten |
Hämorrhagisches Fieber (Ebola, Marburg, Lassa, Dengue etc.) |
Myokarditis und endokardiale Blutungen durch allgemeine Blutungen, Herz-Kreislauf-Versagen |
Keine Information verfügbar |
Mitarbeiter des Gesundheitswesens in betroffenen Gebieten und in Speziallabors sowie Arbeiter in der Tierhaltung |
Grippe |
Myokarditis, Blutungen |
Daten variieren von selten bis häufig (Schulz und Stobbe 1981) |
Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes |
Hepatitis |
Myokarditis (Gross, Willensand Zeldis 1981; Schulzand Stobbe 1981) |
Selten (Schulz und Stobbe 1981) |
Gesundheits- und Sozialarbeiter, Abwasser- und Abwasserarbeiter |
Legionellose |
Perikarditis, Myokarditis, Endokarditis |
Wenn auftritt, wahrscheinlich selten (Gross, Willens und Zeldis 1981) |
Wartungspersonal in Klimaanlagen, Luftbefeuchtern, Whirlpools, Pflegepersonal |
Leishmaniose |
Myokarditis (Reindell und Roskamm 1977) |
Mit viszeraler Leishmaniose |
Geschäftsreisende in Endemiegebiete |
Leptospirose (ikterische Form) |
Myokarditis |
Toxische oder direkte Erregerinfektion (Schulz und Stobbe 1981) |
Abwasser- und Abwasserarbeiter, Schlachthofarbeiter |
Listerellose |
Endokarditis |
Sehr selten (kutane Listeriose als Berufskrankheit überwiegend) |
Landwirte, Tierärzte, Fleischverarbeiter |
Lyme-Borreliose |
Im Stadium 2: Myokarditis Pankarditis Im Stadium 3: Chronische Karditis |
8 % (Mrowietz 1991) bzw. 13 % (Shadick et al. 1994) |
Forstarbeiter |
Malaria |
Myokarditis |
Relativ häufig bei Malaria tropica (Sundermann 1987); direkte Infektion der Kapillaren |
Geschäftsreisende in Endemiegebieten |
Masern |
Myokarditis, Perikarditis |
Selten |
Personal im Gesundheitswesen und das mit Kindern arbeitet |
Maul-und Klauenseuche |
Myokarditis |
Sehr selten |
Landwirte, Tierhalter, (insbesondere bei Klauentieren) |
Mumps |
Myokarditis |
Selten – unter 0.2–0.4 % (Hofmann 1993) |
Personal im Gesundheitswesen und das mit Kindern arbeitet |
Mycoplasmapneumonie-Infektionen |
Myokarditis, Perikarditis |
Selten |
Angestellte im Gesundheits- und Sozialwesen |
Ornithose/Psittakose |
Myokarditis, Endokarditis |
Selten (Kaufmann und Potter 1986; Schulz und Stobbe 1981) |
Ziervogel- und Geflügelzüchter, Tierhandlungsmitarbeiter, Tierärzte |
Paratyphus |
Interstitielle Myokarditis |
Vor allem bei älteren und sehr Kranken als Giftschaden |
Entwicklungshelfer in Tropen und Subtropen |
Poliomyelitis |
Myokarditis |
Häufig in schweren Fällen in der ersten und zweiten Woche |
Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes |
Q Fieber |
Myokarditis, Endokarditis, Perikarditis |
20. Lebensjahr nach akuter Erkrankung möglich (Behymer und Riemann 1989); Daten von selten (Schulz und Stobbe 1981; Sundermann 1987) bis 7.2 % (Conolly et al. 1990); häufiger (68 %) bei chronischem Q-Fieber mit schwachem Immunsystem oder vorbestehender Herzerkrankung (Brouqui et al. 1993) |
Tierhalter, Tierärzte, Landwirte, eventuell auch Schlachthof- und Molkereiarbeiter |
Röteln |
Myokarditis, Perikarditis |
Selten |
Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes und der Kinderbetreuung |
Rückfallfieber |
Myokarditis |
Keine Information verfügbar |
Geschäftsreisende und Mitarbeiter des Gesundheitswesens in den Tropen und Subtropen |
Scharlach und andere Streptokokkeninfektionen |
Myokarditis, Endokarditis |
Bei 1 bis 2.5 % rheumatisches Fieber als Komplikation (Dökert 1981), dann 30 bis 80 % Karditis (Sundermann 1987); 43 bis 91 % (al-Eissa 1991) |
Personal im Gesundheitswesen und das mit Kindern arbeitet |
Schlafkrankheit |
Myokarditis |
Selten |
Geschäftsreisende nach Afrika zwischen dem 20. südlichen und nördlichen Breitengrad |
Toxoplasmose |
Myokarditis |
Selten, besonders bei Menschen mit schwachem Immunsystem |
Menschen mit beruflichem Kontakt zu Tieren |
Tuberkulose |
Myokarditis, Perikarditis |
Myokarditis besonders in Verbindung mit Miliartuberkulose, Perikarditis bei hoher Tuberkuloseprävalenz zu 25 %, sonst 7 % (Sundermann 1987) |
Mitarbeiter des Gesundheitsdienstes |
Typhus abdominalis |
Myokarditis |
Giftig; 8 % (Bavdekar et al. 1991) |
Entwicklungshelfer, Personal in mikrobiologischen Labors (insbesondere Stuhllabore) |
Windpocken, Herpes zoster |
Myokarditis |
Selten |
Beschäftigte im Gesundheitswesen und die mit Kindern arbeiten |