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Freitag, 14 Januar 2011 19: 54

Burnout

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Burnout ist eine Art lang anhaltender Reaktion auf chronische emotionale und zwischenmenschliche Stressoren am Arbeitsplatz. Es wurde als individuelle Stresserfahrung konzeptualisiert, die in einen Kontext komplexer sozialer Beziehungen eingebettet ist und die Vorstellung der Person sowohl von sich selbst als auch von anderen umfasst. Als solches war es ein Thema von besonderer Bedeutung für Berufe im Bereich Humandienstleistungen, in denen: (a) die Beziehung zwischen Anbietern und Empfängern für den Job von zentraler Bedeutung ist; und (b) die Bereitstellung von Dienstleistungen, Pflege, Behandlung oder Bildung kann eine sehr emotionale Erfahrung sein. Es gibt mehrere Arten von Berufen, die diese Kriterien erfüllen, darunter Gesundheitswesen, Sozialdienste, psychische Gesundheit, Strafjustiz und Bildung. Auch wenn sich diese Berufe in der Art des Kontakts zwischen Anbietern und Empfängern unterscheiden, ähneln sie sich darin, dass sie eine strukturierte Betreuungsbeziehung haben, die sich auf die aktuellen Probleme des Empfängers konzentriert (psychisch, sozial und/oder körperlich). Es ist nicht nur wahrscheinlich, dass die Arbeit des Dienstleisters an diesen Problemen emotional aufgeladen ist, sondern es können auch nicht leicht Lösungen gefunden werden, was zu Frustration und Mehrdeutigkeit der Arbeitssituation beiträgt. Die Person, die unter solchen Umständen kontinuierlich mit Menschen arbeitet, ist einem höheren Burnout-Risiko ausgesetzt.

Die in der Burnout-Forschung am weitesten verbreitete operationale Definition (und der entsprechende Forschungsmaßstab) ist ein Drei-Komponenten-Modell, in dem Burnout konzeptualisiert wird emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und reduzierte persönliche Leistung (Maslach 1993; Maslach und Jackson 1981/1986). Emotionale Erschöpfung bezieht sich auf das Gefühl, emotional überfordert und von den eigenen emotionalen Ressourcen erschöpft zu sein. Depersonalisierung bezieht sich auf eine negative, gefühllose oder übermäßig distanzierte Reaktion auf die Menschen, die normalerweise die Empfänger der eigenen Dienstleistung oder Pflege sind. Reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit bezieht sich auf einen Rückgang des Gefühls der Kompetenz und des Erfolgs bei der Arbeit.

Dieses mehrdimensionale Burnout-Modell hat wichtige theoretische und praktische Implikationen. Es bietet ein vollständigeres Verständnis dieser Form von Arbeitsstress, indem es in seinem sozialen Kontext lokalisiert und die Vielfalt der psychologischen Reaktionen identifiziert wird, die verschiedene Arbeitnehmer erfahren können. Solche unterschiedlichen Reaktionen sind möglicherweise nicht einfach eine Funktion individueller Faktoren (wie der Persönlichkeit), sondern können den unterschiedlichen Einfluss situativer Faktoren auf die drei Burnout-Dimensionen widerspiegeln. Beispielsweise können bestimmte Jobmerkmale die Quellen emotionalen Stresses (und damit emotionaler Erschöpfung) oder die verfügbaren Ressourcen für eine erfolgreiche Bewältigung des Jobs (und damit die persönliche Leistung) beeinflussen. Dieser mehrdimensionale Ansatz impliziert auch, dass Interventionen zur Reduzierung von Burnout im Hinblick auf die jeweilige Komponente von Burnout, die angegangen werden muss, geplant und gestaltet werden sollten. Das heißt, es kann effektiver sein, darüber nachzudenken, wie die Wahrscheinlichkeit emotionaler Erschöpfung verringert oder die Tendenz zur Depersonalisierung verhindert oder das Erfolgserlebnis gesteigert werden kann, als einen unfokussierteren Ansatz zu verwenden.

In Übereinstimmung mit diesem sozialen Rahmen hat sich die empirische Burnout-Forschung hauptsächlich auf situative und berufliche Faktoren konzentriert. So wurden in Studien Variablen wie Beziehungen am Arbeitsplatz (Klienten, Kollegen, Vorgesetzte) und zu Hause (Familie), Arbeitszufriedenheit, Rollenkonflikte und -ambiguitäten, Arbeitsabbruch (Fluktuation, Fehlzeiten), Erwartungen, Arbeitsbelastung, Art der Position einbezogen und Beschäftigungsdauer, institutionelle Politik und so weiter. Die untersuchten personenbezogenen Faktoren sind meist demografische Variablen (Geschlecht, Alter, Familienstand etc.). Darüber hinaus wurde den Persönlichkeitsvariablen, der persönlichen Gesundheit, den Beziehungen zu Familie und Freunden (soziale Unterstützung zu Hause) und den persönlichen Werten und dem Engagement etwas Aufmerksamkeit geschenkt. Generell sind berufliche Faktoren stärker mit Burnout verbunden als biografische oder persönliche Faktoren. In Bezug auf die Burnout-Vorgeschichte scheinen die drei Faktoren Rollenkonflikt, Mangel an Kontrolle oder Autonomie und Mangel an sozialer Unterstützung am Arbeitsplatz am wichtigsten zu sein. Die Auswirkungen von Burnout zeigen sich am beständigsten in verschiedenen Formen des Arbeitsplatzabbaus und der Unzufriedenheit, mit der Folge einer Verschlechterung der Qualität der Pflege oder der Dienstleistungen für Klienten oder Patienten. Burnout scheint mit verschiedenen selbstberichteten Indizien für persönliche Dysfunktion korreliert zu sein, darunter Gesundheitsprobleme, vermehrter Konsum von Alkohol und Drogen sowie Ehe- und Familienkonflikte. Das Burnout-Niveau scheint über die Zeit ziemlich stabil zu sein, was die Vorstellung unterstreicht, dass es eher chronisch als akut ist (siehe Kleiber und Enzmann 1990; Schaufeli, Maslach und Marek 1993 für Übersichten über das Gebiet).

Ein Thema für zukünftige Forschung betrifft mögliche diagnostische Kriterien für Burnout. Burnout wird oft mit dysphorischen Symptomen wie Erschöpfung, Müdigkeit, Verlust des Selbstwertgefühls und Depression beschrieben. Depressionen gelten jedoch als kontextunabhängig und in allen Situationen allgegenwärtig, während Burnout als berufsbezogen und situationsspezifisch angesehen wird. Weitere Symptome sind Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit und Negativität sowie eine deutliche Abnahme der Arbeitsleistung über einen Zeitraum von mehreren Monaten. Üblicherweise wird davon ausgegangen, dass sich Burnout-Symptome bei „normalen“ Personen manifestieren, die nicht an einer psychopathologischen Vorerkrankung oder einer erkennbaren organischen Erkrankung leiden. Die Implikation dieser Vorstellungen über mögliche charakteristische Burnout-Symptome ist, dass Burnout auf individueller Ebene diagnostiziert und behandelt werden könnte.

Angesichts der Belege für die situative Ätiologie von Burnout wurde jedoch eher sozialen als persönlichen Interventionen Aufmerksamkeit geschenkt. Soziale Unterstützung, insbesondere durch Gleichaltrige, scheint das Burnout-Risiko wirksam zu verringern. Eine angemessene Berufsausbildung, die die Vorbereitung auf schwierige und stressige Arbeitssituationen umfasst, trägt dazu bei, das Gefühl der Selbstwirksamkeit und Beherrschung der Arbeitsrollen zu entwickeln. Die Einbindung in eine größere Gemeinschaft oder handlungsorientierte Gruppe kann auch der Hilflosigkeit und dem Pessimismus entgegenwirken, die häufig durch das Fehlen langfristiger Lösungen für die Probleme, mit denen sich der Sozialarbeiter beschäftigt, hervorgerufen werden. Die positiven Aspekte der Arbeit hervorzuheben und Wege zu finden, gewöhnliche Aufgaben sinnvoller zu gestalten, sind zusätzliche Methoden, um mehr Selbstwirksamkeit und Kontrolle zu erlangen.

Es gibt eine wachsende Tendenz, Burnout eher als dynamischen Prozess denn als statischen Zustand zu betrachten, und dies hat wichtige Implikationen für den Vorschlag von Entwicklungsmodellen und Prozessmaßnahmen. Die aus dieser neueren Perspektive zu erwartenden Forschungsgewinne dürften zu immer differenzierteren Erkenntnissen über Burnout-Erfahrungen führen und sowohl Einzelpersonen als auch Institutionen in die Lage versetzen, dieses gesellschaftliche Problem effektiver zu bearbeiten.

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